Azubis im Bootsbau:
Azubis im Bootsbau: „Zu Wenig Geld - Pennen im Zelt!“

Azubis im Bootsbau: "Zu Wenig Geld - Pennen im Zelt!"

6. Oktober 20206. 10. 2020


Unter dem Motto "Zu wenig Geld, pennen im Zelt!" machte die IG Metall mit den Auszubildenden zum Bootsbau, vor dem Berufsschulzentrum auf dem Priwall, in der Nähe von Travemünde bei Lübeck, eine Protestaktion. "Wir wollen ein Zeichen setzen, dass hier ausgebildet werden soll, ohne danach verschuldet ins Arbeitsleben zu starten," so Hanna Holler, Klassensprecherin im zweiten Ausbildungsjahr. "Die Kosten im Internat für die Unterkunft mit Verpflegung in Höhe von 429 Euro müssen wir selbst tragen, bei einer Ausbildungsvergütung von 311 bis 518? pro Monat. Das müssen viele einsparen, indem sie in Zelten leben und das ist nicht romantisch, sondern eine Notsituation", stellt Hanna klar. "Dieser Missstand, muss behoben werden" sicherte Christian Maack, stellvertretender Geschäftsführer der Lübecker Handwerkskammer den zahlreich versammelten Auszubildenden zu. Die Handwerkskammer setzt sich dafür ein. "Grundsätzlich wollen wir," fordert Henning Groskreutz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Lübeck-Wismar, "dass die Ausbildungsbetriebe die Kosten der Ausbildung zu tragen haben und wenn das in kleinen Betrieben finanziell nicht geht, muss die Landesregierung helfen."

Hintergrund

Immer mehr junge Kolleginnen und Kollegen werden in sogenannten Landes- oder Bezirksberufsschulklassen beschult, diese sind oft weit entfernt von Wohn- und Ausbildungsort. Neben den Auszubildenden im Bootsbau oder der Segelmacherei betrifft das Problem ebenso Ausbildungsberufe wie Bäcker, Fleischer und weitere. Oft sinken die Zahlen der Auszubildenden und die Berufsschulklassen werden zusammengelegt. Im Bootsbau ist das Problem besonders deutlich, da die Kollegen und Kolleginnen bundesweit nur in drei Berufsschulen den theoretischen Teil ihrer Ausbildung machen können und die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung selbst getragen werden müssen.
Bundesweit sind die Zuschüsse der Länder kaum bis gar nicht vorhanden, das ist auch eine Verschlechterung der Situation im Vergleich zu vergangenen Zeiten. Bis zum Beginn der 2000er Jahre gab es mehr Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten.
Ein mutiger Kollege hatte bereits vor einigen Jahren das Land Schleswig-Holstein mit Unterstützung der IG Metall verklagt und auf gerichtlichen Weg versucht eine höhere Unterstützung durchzusetzen. Das war an der fehlenden Rechtsgrundlage gescheitert. Das Problem besteht weiterhin.
Die kämpferischen Kollegen und Kolleginnen im Bootsbau lassen sich nicht unterkriegen und erhöhen jetzt den Druck auf die Landesregierung endlich eine gesetzliche Grundlage zu schaffen und die Zuschüsse zu erhöhen. Gleichzeitig müssen die Ausbildungsbetriebe die Vergütungen erhöhen und das geht nur mit starken Mitgliedern im Handwerksbereich. Bei den jungen Auszubildenden im Bootsbau steigen die Mitgliedszahlen seit Jahren, wenn die älteren Kolleginnen und Kollegen mitziehen sind auch wieder starke Flächentarifverträge möglich.
Für die IG Metall ist klar: "Wenn wir die Ausbildung im Bootsbauhandwerk attraktiver machen wollen, müssen wir die Rahmenbedingungen für die Auszubildenden besser gestalten, dazu gehört auch, dass sie kein Geld mitbringen, um Ihre Ausbildung zu finanzieren", so Stephanie Schmoliner, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Kiel- Neumünster.